In den letzten Tagen geschieht ziemlich viel in meinem Leben und drum
herum. Es fällt mir schwer, das alles zu ordnen, mich darin und dazwischen
zurecht zu finden.
Der Blogumzug war und ist da nur der hüpfende Punkt auf dem
schwankenden "i". Vorerst bin ich hier ja erst einmal halbwegs zufrieden,
zumal viele liebgewordene Freunde aus meinem Blog auf der blog.de-Plattform nicht
verloren zu gehen scheinen. Ihre Tagebücher liegen nun zwar nur noch in wenigen
Fällen hier auf "meinem" Portal aus, aber es finden sich Mittel und
Wege, sich nicht zu verlieren.
Schade ist, dass ich meine bisherigen Einträge wohl tatsächlich nicht
hierher transferieren kann, und ein paar andere Holperstellen gibt es auch
noch. Zum Beispiel weiß und verstehe ich nicht, warum die Anzahl der
Kommentare, die ich zu einem Eintrag bekomme, in meinem Blog nicht angezeigt
wird, in anderen hier auf der Plattform dagegen schon. - Und weshalb ich beim
Anklicken des Einstellungssymbols für meine Lesezeichen jedes Mal eine
Fehlermeldung bekomme und also gar nichts ändern kann.
Nicht schön, aber alles Kleinigkeiten im Vergleich zu dem, was sonst so
ansteht.
Je mehr ich lese und mich informiere, desto mehr schwanke ich, mich für
eine der beiden vom neuen Geschäftsführer meines Arbeitgebers unterbreiteten
Offerten zu entscheiden. Die Gespräche, die ich dazu bislang geführt habe,
ergeben in der Summe ein Ergebnis wie das, welches beim Hornberger Schießen
herausgekommen ist. Und je mehr ich mich informiere, desto mehr Fragen tauchen
zudem auf.
Morgen habe ich wieder ein Gespräch, diesmal bei der Koordinatorin für
Migrationsarbeit beim Landesverband des Trägers bei dem ich angestellt bin. Das
ist eine langjährige, gute Kollegin ...
Hoffentlich bin ich danach ein bisschen schlauer, denn am Dienstag bin
ich dann wieder beim Geschäftsführer meines Arbeitgebers am Ort, und da sollen
im Mindesten schon mal Weichen gestellt werden. Oh je, ich bin ziemlich
durcheinander, reichlich unsicher ...
Wenigstens gibt es zwischen den beiden Gesprächen morgen und übermorgen
am morgigen Nachmittag ein erstes kleines "Anstaltsrevival", heißt:
Ich treffe mich mit Inge und mindestens noch einer, vielleicht auch zwei
weiteren meiner "Gruppenmitglieder" von meinem Klinikaufenthalt. Bin
gespannt, wie es allen geht, und auf Inge freue ich mich richtig.
Aber auch das "große Geschehen" lässt mich nicht los. Das tut
es ja nie.
Die ganze Griechenlandproblematik , die Haltung Deutschlands dazu,
ärgert mich unablässig. Wie soll Griechenland auf den veranschlagten Wegen
wieder auf die Beine kommen? Ich habe erfahren, dass gegenwärtig täglich 60 (!)
Firmenpleiten in Hellas zu beklagen sind. Nicht wenige zum Beispiel wegen
der nach wie vor und wohl auch künftig bestehen bleibenden, sehr bürokratischen
Kapitalverkehrskontrollen.
Und dann dieses Geschwafel vom notwendigen Wachstum. Abgesehen von
fehlenden Investitionsprogrammen und -anstrengungen seitens der EU und der in
ihr vereinigten Länder und der Tatsache , dass das Anbeten beständigen Wachstums
die größte und infamste Täuschung überhaupt ist : Griechenland hat kaum
relevante Wirtschaftszweige (vor allem Industrie) die das "notwendige"
Wachstum realisieren könnten. Das Land ist wirtschaftlich gesehen vor allem von
der Landwirtschaft und dem Tourismus geprägt, dem nun auch noch die Erhöhung der
Mehrwertsteuer wie ein Knüppel zwischen die Beine fährt.
Und zu allem Überfluss und die Resultate konservativer Austeritätspolitik
in Griechenland und der EU der letzten Jahre und Jahrzehnte einfach
ignorierend, wird die Regierung unter Ministerpräsident Tsipras nun auch noch
beständig zum Sündenbock deklariert. Und so ist die Sprache ihr gegenüber auch.
Eine Sprache gegenüber einem verstockten, uneinsichtigen und unfähigen "Schuldigen"!
Und in Deutschland brennen wieder Asylbewerberheime, und Sozialarbeiter
von Wohlfahrtsorganisationen werden bei der Herrichtung von entsprechenden
Unterkünften angegriffen. Und die Bundeskanzlerin streichelt ein palästinensisches
Mädchen aus dem Libanon, das bei einer Gesprächsrunde mit der deutschen Regierungschefin
in Tränen ausbricht, weil es Gedanken und Ängste hinsichtlich einer
möglicherweise bald bevorstehenden Abschiebung nicht mehr zu unterdrücken
vermag. Und die Kanzelerin, wird in Anspielung auf Helmut Kohl, der zum
"Kanzler der Einheit" hochstilisiert wurde, nun hämisch "Kanzlerin
der Streicheleinheit" und mit einem so genannten Shitstorm überzogen.
Meine Güte, wo lebe ich eigentlich? Es ist wie im Mittelalter. Tumbe oder
(noch schlimmer!) weniger tumbe Massen spielen Lynchjustiz. Hexenjagd 2.0.
Gegen Flüchtlinge, gegen Andersdenkende, gegen menschliche Regungen.
Nicht, dass ich missverstanden werde. Ich bin wahrlich kein Fan der
Politik von Merkel und Konsorten. Und gerade die Migrations- und Flüchtlingspolitik
auch und vor allem ihrer Regierung halte ich für heuchlerisch, feige und den
tatsächlichen Erfordernissen immer weiter hinterherhinkend.
Und Frau Merkel hat ihre "Streicheleinheit" ja auch
schleunigst wieder eingeordnet, in dem sie auf "deutsche
Rechtsstaatlichkeit" verwies, und darauf, dass eben nicht jedem geholfen werden
könne. Ich halte das in weiten Teilen für ziemlich zynisch, zumal auch die Regierung
Merkel NICHTS wirklich Substanzielles tut, um Fluchtursachen angemessen und
überhaupt zu bekämpfen, also das, worum es eigentlich und präventiv gehen
müsste, das, was schon seit Jahrzehnten in Sonntagsreden immer wieder daher
gebarmt und dann doch wieder ignoriert wird, weil sich damit gar so schwer Geld
zu verdienen und "ewiges Wachstum" zu gewährleisten ist.
Aber die Kanzlerin hat eine menschliche Regung gezeigt, eine, die aus
der Situation heraus und in dieser selbst authentisch gewesen ist. Und für eine
solche Reaktion ist niemand zu verhöhnen oder zu beleidigen.
Dennoch würde ich sie gern mal in einer Beratungsstelle arbeiten
lassen, wie ich sie in Persona 23 Jahre lang gewesen bin. Nur mal so für 12
Monate. - Dann würde sie die Kleinheit einer Streicheleinheit vielleicht,
hoffentlich, besser erkennen. -
Ich habe so viele Tränen rinnen sehen während all der Jahre, ich habe
so viel von menschlichem Elend erfahren, ich habe mich so oft so hilflos und
allein gelassen gefühlt, wie jene Menschen, die verzweifelt und in Tränen vor
mir saßen. Ich habe dennoch immer versucht, nicht einseitig, nicht "betriebsblind"
auf den ganzen Kummer zu schauen, die Unterschiede in den Motivationen und auch
im Verhalten, der Menschen, die zu mir kamen, wahrzunehmen und zu begreifen. Ich habe viel über konkrete Hilfen aber auch
generelle Lösungsmöglichkeiten nachgedacht. Erstere habe ich mitunter aufzeigen
und unterstützen, anschieben können,
letztere waren für mich allein stets "eine Nummer zu groß".
Das zu erkennen war freilich nicht das Schlimmste. Das Schlimmste war
und ist zu spüren, dass tatsächlich GENERELLE, die grundsätzlichen Fluchtursachen
berücksichtigende Lösungsmöglichkeiten kein Thema sind, dort, wo Entscheidungen
gefällt werden könnten, und es offenbar auch nicht sein sollen. Bis heute
nicht.
Ich hätte gar nicht so viele Frauen und Kinder vor allem, streicheln
können, wie vor mir geweint haben. Aber ich kam mir oft so vor, dass auch ich
nur streicheln konnte und sollte, wo ganz etwas anderes, wo WIRKLICHE
MENSCHLICHKEIT angezeigt gewesen wäre.
An diesem täglich in seiner Arbeit zu erlebenden Widerspruch kann ein
Mensch schon mal zerbrechen ...
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